Making und Open Educational Resources - Kristin Narr im Interview

Bild: Kristin Narr, von Anika Dollmeyer. Lizenz: CC-BY 4.0

Die Medienpädagogin Kristin Narr berichtet von ihren Erfahrungen mit Making sowie der Verwandtschaft von Making und OER.

Liebe Kristin, im Handbuch “Making-Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen” hast du, Sandra Schön und Martin Ebner einige tolle Bildungsformate dokumentiert, die Making zum Gegenstand haben. Welches gefällt dir besonders?
Das, was sehr schnell einsetzbar ist, wie z.B. der Makey Makey. Ich sehe mich als eine Art Vermittlerin. Den nehme ich einfach mit, zusammen mit meinem Laptop und noch etwas Knete sowie Alufolie. Damit kann man schon relativ viel zeigen. Das mache ich nicht nur mit Kindern und Jugendlichen, sondern vor allem auch mit Erwachsenen. Zum Beispiel, um damit bei Fortbildungen mit Sozialpädagog*innen oder auch Lehrerinnen und Lehrern die Thematik etwas greifbar zu machen. Ich nutze gerne die kleinen, einfachen Möglichkeiten, mit denen sich die Thematik „quick and dirty“ darstellen lässt. Dabei sehe ich mich als eine Art Vermittlerin von diesen Dingen. Mit dem Handbuch haben Sandra Schön, Martin Ebner und ich eine Form gesucht, Expertisen und Erfahrungen, die es in diesem Bereich bereits gibt, zusammenzutragen. Ich lerne da selbst immer wieder Neues und habe bei Weitem noch nicht alles selbst ausprobiert.

Was ist daran neu? Inwiefern ist Making ein Beispiel für zeitgemäße Bildung?
Das ist eine schöne Frage, weil es im Grunde nichts Neues ist. Das ist das, was mich daran so interessiert, weswegen ich auch Medienpädagogin bin. Aufgrund meines Studiums in Leipzig fühle ich mich handlungsorientierter Medienpädagogik sehr verbunden. Im Mittelpunkt steht das Konzept der „aktiven Medienarbeit“, das sich dann oft in Projekten und Methoden wiederfindet. Bild: „Makey Makey“, von Kristin Narr.
Lizenz: CC-BY-4.0
Das geht über das Selbstzweckhafte hinaus, denn im Grunde will man damit die Welt ein Stück weit mehr begreifbar machen und verändern. Die Haltung, die dahinter steht, ist: Indem wir etwas praktisch umsetzen, können wir erst verstehen und anders machen. Das ist ein klassischer medienpädagogischer Ansatz, in dem sich Making - was ja gar nicht aus der Pädagogik heraus entstanden ist - gut wiederfindet. Es geht darum, sich Technologien von innen anzuschauen, zu hacken, sie in einer spielerischen Art und Weise anzugehen, auch wenn man nicht alles versteht. Das sind neue Formen und Communities, neue Instrumente, aber die Haltung und Prinzipien dahinter sind im medienpädagogischen Feld verhältnismäßig bekannt.

Das Ziel ist also Mündigkeit… ?
Ja, genau. Das, was wir brauchen, sind mündige Bürgerinnen und Bürger, die die Gesellschaft selber mitgestalten. Das können sie nur, wenn wir ihnen die Möglichkeit dazu geben. Geben wir den Schülerinnen und Schülern die Freiräume und ein bisschen Handwerkszeug, dann werden da Kräfte freigesetzt und die Kompetenz erlangt, nicht nur wiederzugeben, sondern selber zu verändern. Es geht um das Geben von Freiräumen. Meine Erfahrung ist, dass dieser Freiheit erst einmal mit Distanz begegnet wird. Die Resonanz ist aber in der Regel enorm.

Bild: „Mein Guckkasten“, von Kristin Narr.
Lizenz: CC-BY-4.0
Was braucht es, um diese Form der Lehre, wie Making ja auch eine ist, in den Schulen zu realisieren?
Es wäre gut, wenn sich die Menschen, die das schon machen, noch mehr vernetzen würden. Und es braucht mehr Geld, um solche Vorhaben zu unterstützen. Aber es ist auch eine Haltungsfrage. Man braucht ja nicht nur einen Raum, mit Gerätschaften, sondern auch Erfahrene, die die Räume bespielen können. Wir brauchen also Formen, wo sich diejenigen, die schon Erfahrungen gesammelt haben, mit solchen austauschen, die es in ihrer Einrichtung ebenfalls umsetzen möchten. Das sollte unser Handbuch auch bewirken, eine Orientierung für Einsteiger*innen. Uns hat überrascht, wie viel am Ende zusammen gekommen ist. Aber es braucht nicht nur ein solches Buch, es braucht den persönlichen Austausch.

Du hast in deiner Präsentation auf dem OERcamp 2017 West von der Verwandtschaft von OER und Making gesprochen, was meinst du damit?
Das Prinzip der Offenheit steckt in beiden drin. Diejenigen, die Making machen, sind oft Personen, die ihre Erfahrungen und Ressourcen auch anderen zur Verfügung stellen. Das hängt mit einer Haltung zusammen: Ich mach das nicht nur für mich, sondern auch für andere. In diesem Zuge wird auch oft mit offenen Lizenzen und offenen Daten gearbeitet, wodurch wir in einem sehr ähnlichen Feld sind. Ich bin selbst unschlüssig, um welchen Verwandtschaftsgrad es sich handelt. Aber die Idee des Teilens ist bei jemanden, der OER macht, ebenfalls ein unglaublicher Treiber. Ich finde es erst einmal sehr spannend und wunderbar, dass sehr viele Sachen, die wir im Making-Bereich in Bezug auf Bildung kennen, frei lizenziert sind. OER sind in den unterschiedlichen Bildungsbereichen unterschiedlich verankert. Ich freue mich, dass wir mit Making einen guten, vor allem flexiblen Zugang gefunden haben, außerschulische, non-formale Bildung und OER in Verbindung zu bringen.

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