Politik und Zivilgesellschaft: Das Forum Open:Education

Bild: edulabs / Leonard Wolf. Lizenz: CC-BY 4.0

Die Projektförderung von edulabs ist ausgelaufen, das Netzwerk bleibt aber noch aktiv und die zahlreichen Inhalte dieser Seite werden erhalten. Mit der Artikelreihe „Abschlussbericht“ dokumentiere wir unsere Erkenntnisse. Der vorliegende Beitrag behandelt die Verzahnung von Politik und Zivilgesellschaft sowie das Forum Open:Education. Alle weiteren Artikel findet ihr hier.

In Bund und Ländern stehen in der Bildungspolitik wichtige Entscheidungen an. Zugleich gibt es in der Zivilgesellschaft bereits viele gute Ansätze, die wenig sichtbar sind. Um den Austausch beider Seiten zu fördern, bieten sich Formate wie das Forum:Open Education an. Dabei arbeiten die Teilnehmer*innen zuerst gemeinsam Positionen und Fragen aus, welche dann mit Gästen aus der Politik diskutiert werden.

Neben der Arbeit an konkreten Projekten und dem Austausch in den Labs hat zeitgemäße Bildung auch eine politische Dimension. Mit der Entwicklung der Digitalisierung stellt sich auf allen Ebenen der Regierung immer wieder die Frage, mit welchen Rahmenbedingungen und Maßnahmen der Wandel gestaltet werden kann. Die Vernetzung und “Selbsthilfe” von Lehrenden in edulabs-Treffen und anderen Initiativen setzt wichtige Impulse für die Belebung der Praxis. Für eine langfristige Verbesserung braucht es aber auch einen strukturellen Wandel und eine kritische Gestaltung der Rahmenbedingungen, mit denen Bildung gelingt. Wie lässt sich der Dialog mit politischen Entscheidungsebenen fördern?

Zivilgesellschaftliche Initiativen wie edulabs können zu bildungspolitischen Entwicklungen in verschiedenen Formaten beitragen. Zum einen lässt sich das Problembewusstsein fördern, indem sich Aktive aus der Bildungspraxis vernetzen, sich öffentlich austauschen sowie akute Bedarfe und neue Lösungsansätze sichtbar machen. Bis diese Positionen bei politischen Entscheidungen ankommen sind, kann allerdings viel Zeit vergehen, bleiben sie doch häufig auf einzelne Netzwerke beschränkt. Neben den Lab-Treffen bieten sich zum anderen auch solche Eventformate an, bei denen sich Interessierte zum ersten Mal mit dem Thema beschäftigen und zum politischen Dialog beitragen können. Ein Beispiel ist das Forum Open:Education, das im Juli 2018 stattfand und 2019 mit einem weiteren Event fortgesetzt wird.

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Hintergrund

Die Idee für das Forum Open:Education wurde angeregt durch den Koalitionsvertrag: Nach langen Verhandlungen entstand ein Papier, in dem neue Investitionen für Bildung angekündigt wurden. Wie aber werden diese Mittel investiert, und welcher Vorstellung von guter Bildung ist die neue Förderlandschaft verpflichtet? Initiativen aus der Zivilgesellschaft werden bei der Planung noch kaum berücksichtigt, den Austausch mit politischen Entscheidungsgremien wollten wir mit diesem Event verbessern.

Ablauf

Damit sich Politik und Zivilgesellschaft bei lokalen Events ertragreich austauschen können, bietet sich ein gemischtes Format an: In den Wochen vor der Veranstaltung werden in gemeinsamen Public Calls, auf Social Media, mit Videostatements und anderen Online-Formaten bereits vorab **Community-Stimmen **gesammelt.

Im ersten Teil der Veranstaltung selbst können sich die Initiativen mit kleinen Ständen bei einem offenen Marktplatz vorstellen, während gleichzeitig Diskussionsrunden und Workshops stattfinden. Dabei vernetzen sich die Teilnehmenden und erarbeiten Positionen, die im zweiten Teil bei einem parlamentarischen, oder politischen Abend auf dem Podium diskutiert werden.

Bei dem ersten Forum Open Education in Berlin ergab sich daraus das folgende Programm:

  • 16:00 - Eröffnung der Open Education Fair
  • Start der Workshops & Diskussionsrunden (moderiert von Nele Hirsch)
  • 18:00 - Pause: Imbiss und Getränke im Vorraum
  • 18:30 - Parlamentarischer Abend
  • mit einem Vortrag von Margret Rasfeld
  • 19:15 - Podiumsdiskussion - moderiert von Marcus Richter. Auf dem Podium: Marja-Liisa Völlers (MdB), Tankred Schipanski (MdB), Gabriele Lonz (Bildungsministerium Rheinland-Pfalz) und Markus Neuschäfer (edulabs.de)
  • 20:30 - Come together & Ausklang


Damit Politiker*innen teilnehmen konnten, haben wir den parlamentarischen Abend während der Sitzungswochen geplant, an einem Mittwoch. Zugleich war es uns aber auch wichtig, die Aktivitäten der Community sichtbar zu machen. Daher gab es vor dem parlamentarischen Teil der Veranstaltung eine “Open Education Fair” ab 16 Uhr, an der sich Initiativen für offene und zeitgemäße Bildung beteiligten. Diese waren auch mit eigenen Ständen vertreten, um sich zu vernetzen und mit dem Publikum zu diskutieren:


Was ist Freie Pädagogik?
„OER in der gleichen Weise zu nutzen, wie kommerzielle Lehrbücher, schöpft ihr volles Potenzial nicht aus.“

Zum Artikel
Neben den Ständen gab es verschiedene Diskussionsrunden und Workshops:

  • Programmieren lernen - der BOB 3 im Unterricht, mit Katja Bach (BOB 3)
  • Mit der senseBox die Natur vermessen, mit Umut Tas (senseBox)
  • Wie kann Partizipation gelernt werden?, mit Marina Weisband, Alexa Schaegner & Daniel Schumacher (aula)
  • Lobbyismus an Schulen: Braucht es Unterstützung aus der Politik?, mit Fabian Kaske (LobbyControl)
  • 5 Forderungen für eine zeitgemäße digitale Bildung an Schulen, mit Benni (CCC / Chaos macht Schule)
  • Wie sollte die Politik offene Bildungsmaterialien fördern?, mit Henry Steinhau (JOINTLY / iRights) & Luca Mollenhauer (OERinfo)


Bild: edulabs / Leonard Wolf. Lizenz: CC-BY 4.0

Bei den Diskussionsrunden erarbeiteten die Teilnehmer*innen Positionen zu offener Bildung, die später auch in die Podiumsdiskussion eingebracht wurden. Dabei wurde die Bedeutung von digitaler Mündigkeit für zeitgemäße Bildung hervorgehoben, aber auch konkrete Bedarfe wie etwa eine bessere Unterstützung der Lehrkräfte angeregt.

Die Diskussionsrunden moderierte Nele Hirsch, auf ihrem Blog findet sich dazu eine gelungene Zusammenfassung der Diskussionsergebnisse. Demnach braucht zeitgemäße Bildung – unter anderem – ein grundlegendes Umdenken in Hinblick

  • auf Lerninhalte (Stärkere Fokussierung auf Erwerb von Kompetenzen wie Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritischem Denken.)
  • auf Methoden (Erfahrung von Selbstwirksamkeit mehr ins Zentrum stellen, Mut zur Unwissenheit: Das Wissensungleichgewicht zwischen SchülerInnen und LehrerInnen, Praxis-Prinzip für Umgang mit digitalen Medien und demokratischer Beteiligung: Lernen aus der Einschränkung des Klassenraums lösen, Raum für Experimente und ergebnisoffenes Lernen)
  • und auf Infrastruktur (System “Schule” öffnen für mehr demokratische Partizipation von SchülerInnen, mehr Ressourcen: Zeit, Geld und Personal, Reform der Ausbildung von LehrerInnen, Ständige Weiterbildung von LehrerInnen).


In der Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass das Ziel digitaler Mündigkeit in der Bildungspolitik bereits angekommen ist. Zugleich wurde klar, dass sich Bund und Länder hier noch vielfach selbst blockieren: Zwischen den engagierten Appellen für mehr Mut und Verantwortung aus dem Impulsvortrag und der Frage nach der politischen Verantwortung aus der Podiumsdiskussion gab es eine erhebliche Lücke. Im Koalitionsvertrag wird eine OER-Strategie zwar erwähnt; damit die Umsetzung gelingt, bleibt noch viel zu tun.

Unsere Learnings

  • Mit der Planung rechtzeitig anfangen: Wir haben mit dem Event sehr kurzfristig auf die bildungspolitischen Pläne im Koalitionsvertrag reagiert; mit einem Vorlauf von 6 Monaten gelingt die Planung aber deutlich entspannter
  • Themenverwandte Initiativen und Akteure mit einbinden: Durch die Beteiligung von anderen Aktiven gewinnt die Veranstaltung an Substanz und Reichweite. Diese lassen sich bereits bei der Planung mit einbinden.
  • Rahmenbedingungen früh festlegen: Wann, wo, und mit wem? Ein frühzeitiges “Save the Date” ist besonders für beschäftigte Teilnehmende wichtig.
  • Vielfalt entwickeln durch parallel verlaufende Angebote: Durch gleichzeitig stattfindende Workshops und Diskussionsrunden entstand eine lebhafte Atmosphäre, die als positiv wahrgenommen wurde. Die Teilnehmenden konnten sich ihren Interessen entsprechend entscheiden und der zeitliche Rahmen der Veranstaltung wurde nicht gesprengt.
  • Inhaltliche Vorbereitung mit der Community: Die Positionen für die Diskussionsrunde ließen sich vorab mit dem Publikum im Plenum abstimmen. Dies gelingt besser, wenn man die Fragen vorab in Blogposts und Videostatements veröffentlicht.
  • Diskussionsrunden öffnen: Die klassische Aufteilung von Expert*innen auf der Bühne und einem Publikum kann auch bei guter Moderation zu einzelnen Monologen führen. Offenere Anordnungen wie das Fishbowl-Format sind eine gute Alternative.
  • Nachbereitung veröffentlichen: Damit die Diskussion weitergeht, ist eine Dokumentation der Ergebnisse in einem Blogpost oder in weiterführenden Artikeln hilfreich, in denen die Positionen und Argumente aus der Veranstaltung wieder aufgegriffen werden.


Aufzeichnungen des politischen Abends

Begrüßung durch Nadine Evers, Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. /
Bündnis freie Bildung
Begrüßung durch Janna Schlender, Wikimedia Deutschland e.V. / Bündnis freie Bildung

Impulsvortrag von Margret Rasfeld: Bildung der Zukunft für die Zukunft der Welt

Impulsvortrag von Margret Rasfeld, Schule im Aufbruch

Podiumsdiskussion: Wie gelingt Bildung für eine offene digitale Gesellschaft?

Auf dem Podium: Marcus Richter (Moderation), Marja-Luise Völlers (MdB),
Tankred Schipanski (MdB), Gabriele Lonz und Markus Neuschäfer
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