Wie Wahldaten die politische Bildung bereichern können

Lizenz: CC-BY Vincent Ahrend

Vincent Ahrend ist freiberuflicher Software sowie Produktentwickler in Berlin und arbeitet an Web-Tools für Demokratie- und Bürgerrechte. Kürzlich veröffentlichte er die Plattform Metawahl.de.

Was ist Metawahl.de?
Video: Vincent Ahrend bei Jugend hackt 2018 - Wahl-o-Mat im Remix.

Es gibt ja inzwischen verschiedene Plattformen zu politischen Wahlen. Was macht Metawahl.de besonders?
Die Plattform baut auf den Fragen des Wahl-o-Maten auf, die über dieses Format zu vielen verschiedenen Wahlen veröffentlicht werden. Diese Fragen werden durch ihre Kopplung an die Wahlen aber immer nur im Vorfeld verwendet. Dabei sind es interessante Daten, in denen viel mehr steckt, als das, was sich mit dem Wahl-o-Maten betrachten lässt. Sie sind eigentlich eine strukturierte Bestandsaufnahme der politischen Positionen der Parteien und wie sich diese unterschieden haben.

In der zeitlichen Betrachtung dieser Fragen steckt sehr viel drin. Dadurch lässt sich die Entwicklung der Unterschiede der Parteien darstellen und temporär wichtige Themen identifizieren. Wie haben sich die Parteien also selbst verstanden? Und wie hat sich das über die Zeit geändert? Es wird sichtbar, dass Parteien nicht schon immer die gleiche Politik gemacht haben, dass sie nicht statisch sind, sondern, dass sie sich anpassen.

Das ist ein interessanter Ansatz. Wie sieht der konkret aus?
Wenn man sich zum Beispiel die Frage herausnimmt, ob flächendeckender islamischer Religionsunterricht angeboten werden soll, dann ist die CSU bei der Landtagswahl in Bayern ganz klar dagegen und die CDU im Saarland ganz klar dafür. Sie hat also eine total konträre Position. Wenn man sich damit sonst nicht so sehr beschäftigt, dann wäre das erst mal überhaupt nicht sichtbar. Auf Metawahl lässt sich jetzt direkt einsehen, dass die CDU im Saarland eine andere Politik will als die CSU in Bayern.

Die Hessenwahl 2018, dargestellt auf Metawahl.de

Was auch noch interessant ist: Mit Metawahl lässt sich herausfinden, welche Positionen von einer Mehrheit über die Parteien gewählt wurden. Diese Themen sind aber immer wieder gar nicht das, was die Mehrheit eigentlich will. Durch die repräsentative Wahl werden auch eigentlich ungewünschte Positionen mit eingekauft. Es wird also sichtbar gemacht, was hier unter einem Kompromiss mit gewählt wurde.

Was war deine Motivation, Metawahl zu entwickeln?
Ich fand den Wahl-o-Mat als Konzept interessant, habe aber beobachtet, dass er sich immer auf die Zukunft richtet, also auf die anstehenden Wahlen. Ich wollte die Fragen aber gerne auch im Nachhinein betrachten. Um zum Beispiel nachzusehen, ob die Absichtserklärungen der Parteien im Nachinein umgesetzt wurden.

Welche Anwendungsmöglichkeiten kannst du dir im Bildungsbereich vorstellen?
Metawahl bietet konkrete Anhaltspunkte, um sich mit politischen Themen zu beschäftigen. Zum Beispiel greifen sich Lernende ein Thema heraus und sehen anschließend nach, wie sich die Forderungen der unterschiedlichen Parteien unterscheiden. Das geht auch mit der selben Partei bei unterschiedlichen Wahlen, denn es gibt bei Metwahl die Bundestagswahlen, die Landtagswahlen und die Europawahlen. Und dann lässt sich die zeitliche Entwicklung betrachten und herausfinden wie sich die Positionen verändert haben.

Du hast ein Quiz entwickelt, was hat es damit auf sich?
Bei dem Quiz ist es das Ziel, zu erraten, welche Politik von der Mehrzahl der Wählenden gewählt wurde. Man nimmt sich also beispielsweise ein Thema wie die Frage nach den Polizeibefugnissen. Anschließend darf geschätzt werden: Hat die Mehrzahl der Wählenden eine Partei gewählt, die die Befugnisse ausweiten möchte oder nicht? Die spannende Frage ist, ob man einschätzen kann, welche Politik bei einer Wahl mehrheitsfähig ist. Die Ergebnisse sind oft überraschend, weil zum Teil Themen eine Mehrheit bekommen haben, bei denen man das gar nicht so gedacht hätte.

Ein Quiz-Beispiel zur Hessenwahl auf metawahl.de

Metawahl ist ein offenes Projekt: Wie kann man michtmachen?
Metawahl ist frei lizenziert und Open Source. Außerdem gibt es jetzt eine eigene Unterseite mit der Dokumentation zum zugrunde liegenden Datensatz, den man auch für andere Projekte nutzen kann. Das ist dann zum Beispiel für den Bereich Visualisierung spannend, weil sich schön darstellen lässt, über welche Themen gestritten wird und welche Parteien sich nahestehen. Eine API ist ebenfalls verfügbar.

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